Tagesbericht 1 – Sonntag, 26.3.2023
Um 8:00 Uhr ging es am Lübecker Hauptbahnhof los und nach 11 Stunden sind wir mit leichter Verspätung in Danzig angekommen. Ein Weg-Video hat uns von der Haltestelle zur Jugendherberge geleitet und dort gab es ein großes Hallo mit Begrüßungsessen. Leider nur im kleinen Kreis, weil die Gruppe aus Emmerich wegen des Streiks am Flughafen Düsseldorf nicht nach Danzig fliegen konnte, sondern zehn Stunden später in einen Flix-Bus einsteigen musste. (Martin)
Tagesbericht 2 – Montag, 27.3.2023
Wegen der noch deutlich kleineren Gruppe sind wir heute etwas später in die Schule gefahren und haben dort als erstes die Namenkenntnis in der Gruppe aufgefrischt und uns dann die Schule von den Danziger Schülern zeigen lassen. Es ist die Schule, die Günter Grass als Kind besucht hat und auf die auch sein Roman-Held aus der Blechtrommel, Oskar Matzerat, genau einen Tag gegangen ist.
Nach der Führung haben wir im Theaterraum für alle größeren Klassen auf Englisch das Hanse-Roman-Projekt vorgestellt. Zum Mittagessen sind wir in die Stadt gefahren und haben dort ein typisch polnisches Nationalgericht serviert bekommen: Pierogi. Es gab viele verschiedene Variationen, die man erst seit kurzem in Restaurants bekommen kann. Vorher haben immer die Hausfrauen ihre Pierogi gemacht.
Als alle satt waren, haben uns die polnischen Schüler:nnen ins Bernsteinmuseum geführt.
(Martin)
Tagesbericht 3 – Dienstag, – 28.3.2023
Heute Morgen haben wir um acht alle gemeinsam mit den Emmerichern gefrühstückt und sind dann mit der Straßenbahn zu einem Treffen mit der Vorsitzenden des Stadtrates gefahren. Vorher haben wir im frisch gefallenen Schnee einen Schneemann gebaut. Das hat sehr viel Spaß gemacht!
Als wir dann im Neuen Rathaus angekommen waren, hat uns die Vorsitzende des Stadtrates eigens eine Tour gegeben und wir haben unser Projekt vorgestellt. Das Danziger Rathaus ist wirklich wunderschön und hat eine interessante Geschichte, da es von den Nazis und dann von den Sowjets besetzt wurde.
Danach gab es eine abenteuerliche Stadttour durch Danzig mit Schneesturm. Leider haben wir daher die Schönheit Danzigs nur teilweise sehen können, aber wir haben gemerkt, wie viel Geschichte die Stadt hat und wie wichtig sie war und auch immer noch ist.
Als Nächstes sind wir zu der Stadtpräsidentin von Danzig gegangen. Wir waren alle ein bisschen durchgefroren, aber zum Glück gab es dort Tee, Kaffee und Kekse. Wir haben auch alle ein kleines Geschenk von ihr bekommen.
Nachdem sich jeder ein wenig aufgewärmt hatte, haben wir eine Video-Konferenz mit Herrn Puschaddel, dem S tadtpräsidenten von Lübeck gehalten und dort auch wieder unser Projekt vorgestellt.
Zum Mittagessen gab es wieder etwas typisch Polnisches: Schnitzel mit Rotkohl und Kartoffeln.
Als letzten Programmpunkt konnte man noch zum Strand in Sopot fahren, was auch eine Attraktion von Danzig ist und bestimmt super schön und kalt war. Wenn man das nicht machen wollte, konnte man auch wo anders hin oder zurück in die Jugendherberge. Dafür hat sich auch die Autorin entschieden, weswegen sie zu den anderen Optionen nicht mehr sagen kann. Als wir zurück zu der Herberge gekommen sind, war der Schneemann leider umgekippt…
(Nike)
Tagesbericht 4 – Mittwoch, 29.3.2023
Heute haben wir das Europäische Solidarnosc-Zentrum (ECS) besucht.
Das symbolträchtige Gebäude in Form eines Schiffsrumpfes hat uns mit seiner rostigen Fassade an die Atmosphäre auf einer Schiffswerft erinnert. Damit hat es einen Bogen zu den gewaltfreien Streiks der Arbeiter der polnischen Lenin-Werft geschlagen, die 1980 die Solidarnosc-Gewerkschaft begründeten. Die aus diesen Aufständen hervorgegangene Solidarnosc-Bewegung erfasste bald ganz Polen und drückte das Streben nach Freiheit und Demokratie aus.
Im Museum des ECS erfuhren wir viele Details zu den Anfängen von Solidarnosc, der Zeit des Kriegsrechtes und der Wiederzulassung von Solidarnosc 1989.
Das Europäische Solidarnosc-Zentrum beherbergt neben dem Museum über die Geschichte von Solidarnosc, eine Bibliothek sowie ein Bildungszentrum. Ganz dem Begriff der Solidarität verpflichtet, können hier Gruppen Räume kostenlos nutzen, um an ihren Projekten zu arbeiten. (Wir haben im Kopf schon die neue Nutzung des Karstadt-Gebäudes in Lübeck nach diesem Vorbild geplant.) Dann haben international zusammengesetzte Schüler:nnen-Gruppen noch einmal für das Hansebuch-Projekt gearbeitet. Sie malten Plakate, die die verbindenden Elemente des Buches visualisieren. Auch übten sie ein kurzes Theaterstück ein, in dem polnisch, niederländisch und deutsch gesprochen wurde und das in einer gemeinsamen Reise zu unseren Freunden in der Hansestadt Harderwijk mündete.
Abends haben wir die Skulptur des in Danzig aufgewachsenen Schriftstellers Günter Grass besucht und uns mit einer fröhlichen Party von den Emmerichern, Danzigern und Harderwijkern verabschiedet, die noch zwei weitere Tage zusammen in Torun und Hagelsberg verbringen.
(Annette)
Tagesbericht 5 – Donnerstag, 30.3.2023
Die Reisen der Hansekaufleute können wir leider nicht nachempfinden, aber das Gefühl, auf Reisen zu sein und dabei alte Freunde zu besuchen und neue Freunde zu finden, schon. Von Gdansk ging es über Warschau und Vilnius nach Kaunas, wo uns Diana, die litauische Lehrerin in Empfang nahm.
(Annette)
Tagesbericht 6 – Freitag, 31.3.2023
Heute Morgen haben wir in der Villa Kaunensis gefrühstückt und sind dann zur Rathaus gefahren.
Dort haben wir den stellvertretenden Bürgermeister von Kaunas getroffen, ihm das Hanse-Buch-Projekt vorgestellt und uns mit ihm über die aktuelle Situation von Kaunas und das Projekt unterhalten. Danach sind wir in die Schule, das Santara Gymnasium, gefahren und haben von den Schüler/innen des Projektes eine Führung durch die Schule erhalten, die unter anderem einen Bunkerraum für den Fall eines Bombenangriffs hat. Außerdem haben wir einer kleineren Gruppe um die Schulleiterin das Projekt vorgestellt. Nach dem Mittagessen in der Schule und ein wenig freier Zeit sind wir zum nahe der Unterkunft gelegenen Perkunas-Haus gegangen, um es zu besichtigen. In diesem Haus, das das älteste erhaltene, spätmittelalterliche in Kaunas ist, konnten wir nach einer Führung durch das Gebäude mittelalterliche Mode ausprobieren und haben dazu passende Tänze gelernt, was sehr viel Spaß gemacht hat.
Etwa um halb neun haben wir in der Villa Kaunensis Abendbrot gegessen.
(Jola)
Tagesbericht 7 – Samstag, 1.4.2023
Trotz eisigen Windes und Temperaturen um den Gefrierpunkt haben wir einen erfüllten Besichtigungstag erleben dürfen.
Zuerst besichtigten wir das Pazaislis-Kloster, das etwas außerhalb, am Kaunassee, im Grünen liegt und durch seine gut erhaltene Gesamtanlage sowie die vielen Legenden, die sich um das Kloster ranken, beeindruckte.Im Anschluss an ein Mittagessen, bei dem wir die typisch litauische Küche kennenlernen konnten – neben den Speisen auch den Kwass, ein süßer Brottrunk, der zuweilen an Malzbier erinnert – führte uns unsere freundliche Stadtführerin, an die sehenswertesten Orte von Kaunas‘ alter Innenstadt. Zu jedem konnte sie eine interessante Geschichte erzählen.
Den Abschluss bildete die Besichtigung des Ciurlionis-Museums. Die Kunstwerke des uns bis dahin unbekannten litauischen Künstlers Ciurlionis zogen uns in ihren Bann. Sie verbinden Aspekte von Religion, Philosophie und Musik miteinander.
(Annette)
Tagesbericht 8 – Sonntag, 2.4.2023
Heute haben wir das Sugihara-Haus besucht. Es gehörte dem japanischen Diplomaten und Spion namens Chiune Sugihara, der während des Zweiten Weltkrieges viele Transfer-Visa für Juden nach Japan ausgestellt hat und ihnen so das Leben rettete. Das Museum ist nach ihm benannt und erzählt über sein Leben sowie auch über die Arbeit eines niederländischen Diplomaten, Jan Zwartendijk, der ebenfalls Visa ausstellte, Aufenthaltstitel für die damals niederländische Karibik-Insel Curaçao und mit Sugihara zusammengearbeitet hat, wahrscheinlich ohne ihm je begegnet zu sein.
Direkt im Anschluss, haben wir mit Fruma Kucinskiene, der letzten Zeitzeugin des Ghettos in Kaunas gesprochen. Dies war unglaublich toll und eindrucksvoll! Die 90-Jährige Fruma hat uns von ihren Erlebnissen berichtet – auf Deutsch . Ein Gespräch, das wir alle nie vergessen werden – auch weil die Chance, einen Zeitzeugen zu befragen, immer rarer wird. So hatten wir die Möglichkeit aus erster Hand von den Geschehnissen der damaligen Zeit zu erfahren und welche Eindrücke sie bei Fruma hinterlassen hat. Ihre Erzählungen waren fesselnd, trotz oder gerade wegen all der „Nebenwege“, die sie zuweilen von ihrer Haupterzählung weggeführt haben.
Nachmittags haben wir wieder in dem gleichen Restaurant, aber einer anderen Filiale, vom Vortag gegessen, was uns die Möglichkeit gab, noch einmal etwas anderes typisch Litauisches zu probieren.
Danach hat sich unsere Gruppe aufgeteilt. Einige sind mit einer alten Standseilbahn zu einem schönen Aussichtspunkt gefahren, während die anderen bereits zur Unterkunft zurückgegangen sind.
( Nike)
Tagesbericht 9 – Montag, 3.4.2023
Heute stand die Abreise aus Kaunas an: Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück hat uns das Taxi zum Busbahnhof gebracht, von wo aus wir nach Klaipeda gefahren sind. Dort hat uns das Taxi zum Terminal unserer Reederei gebracht, wo wir unsere Koffer deponiert haben und nun für die letzten Stunden noch Zeit hatten, uns diese Lübecker Partnerstadt anzuschauen.
Nach etwa zwei Kilometern Fußmarsch erreichten wir die Altstadt und schauten uns die Synagoge von Klaipeda an, ein wenig schönes und nicht mehr prachtvolles Gebäude. Nach einer letzten litauischen Mahlzeit mit Kwass gingen wir am Rande der Altstadt zum Ufer der Akmena-Danė. An einem hübschen historischen Segler vorbei überquerten wir den Fluss zum Skulpturenpark und hatten eine gruselige Kunst-Konfrontation: Diese über hundert Skulpturen als den Siebziger- und Achtzigerjahren erschienen uns nur sehr wenige ansprechend und nicht ästhetisch. Dieser Eindruck setzte sich auf dem – offensichtlich von Philipp Morris gesponserten – Kunstboulevard fort. Leider konnten wir in dieser Stadt nur einzelne schöne Fassaden finden, die in einem von Baustellen geprägten Gesamtbild kein schönes Ensemble entstehen ließen. Und so machte die Rede von der Stadt des Grauens den Besuch für uns doch noch ein wenig unterhaltsam und wir stellten fest, dass unser Bedürfnis diese Stadt wieder zu besuchen in Zahlen ausgedrückt eher bei -10 liegt.
Am Abend haben wir die Fähre nach Kiel bestiegen, auf der wir 20 Stunden unterwegs sein werden, um am Dienstag, den 4.4.2023, gegen 17:00 Uhr in Kiel einzulaufen. Von wo aus uns der Zug zum Ausgangspunkt zurückbringt: dem Lübecker Hauptbahnhof. Dieses Mal aber voll von neuen Eindrücken und in der Erwartung unser Buch am letzten Tag vor den Ferien der Lübecker Öffentlichkeit vorzustellen und erst damit unsere kleine Werbetour richtig abzuschließen.
(Martin)