Wir brauchen wieder Mut, das Schulleben aktiv zu gestalten und nicht nur Vorgaben umzusetzen

Ein kurzer Bericht von der Jubiläumsfeier der Geschwister-Prenski-Schule am 7. Mai 2024

Die Beiträge zum diesjährigen Yashek-Preis

Die eigentliche Feier hatte noch gar nicht begonnen, da begann bereits das Spektakel: In diesem Jahr hatte das Thementeam, das sich mit den Belangen des Schulnamens beschäftigt, die Vorführung der beiden Bewerbergruppen für den Yashek-Preis bereits für den Nachmittag vorgesehen. Und so waren bereits um 14:00 Uhr in der Mensa der Schule die Bearbeitung des Kurzfilms ‚Masel Tov Cocktail‘ vom Ästhetik-Kurs Darstellendes Spiel des 6. Jahrgangs unter der Leitung von Sabina Ermak zu sehen. Das Publikum war von der Energie und Spielfreude der Kinder und der Wirkung der Inszenierung begeistert und freut sich über drei weitere Aufführungen.

In der Pause bestand für alle, die bleiben wollten bereits die Möglichkeit, sich die erweiterte Ausstellung „Ausgewiesen! Berlin, 28.10.1938. Die Geschichte der Polenaktion“ im Foyer und in der Tischtennishalle anzuschauen. Denn um 16:00 Uhr zeigte der Gestalten-Kurs des 8. Jahrgangs unter der Leitung von Eva Schulz eine Bearbeitung des Kinderbuches ‚Die letzte Haltestelle‘. Auch diese Inszenierung begeisterte ihr Publikum. Besonders wurden im Nachgespräch die Vielfalt der verschiedenen Arten von Theater und die Intensität einzelner Szenen hervorgehoben, die diese Inszenierung geprägt haben.

In der Zwischenzeit bis zur Feier und Preisverleihung zog sich die Jury des Yashek-Preises zur Beratung zurück.

Das Gespräch zur Feier des Tages

Die Feier zum 35-jährigen Gründungs- und zum 30-jährigen Namens-Jubiläum begann um 18:00 Uhr mit der Titelmelodie des Films ‚Schindlers Liste‘, mit der die Lehrercombo zunächst einmal eher für eine ernste und getragen Stimmung sorgte.

Diese Stimmung griff Kai in seiner Begrüßungsrede auf, in der er zum einen auf das Konzept der Schule verwies, das eben alle Kinder mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten als Individuum in den Blick nehme, so für ein respektvolles und friedliches Miteinander zu arbeiten. Dabei sei der Schulname und die Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung der Geschwister Prenski immer wieder Hinweis auf die besondere gesellschaftliche Verantwortung, die damit verbunden sei und die sich in der schulischen Erinnerungsarbeit seit der 5. Klasse für jeden Schüler und jede Schülerin zeige. Denn mit Verweis auf eine Aussage der Holocaust-Überlebenden Eva Scepesi betonte Kai, dass die jüngere Generation keine Verantwortung trage, für das, was damals geschah, aber sie habe eine Verantwortung für das, was heute geschieht. Und hier sind es besonders die demokratischen Prozesse, die es gilt, sie den Kindern zu vermitteln und dies im Zusammenspiel von der Stadt als Schulträger, den Kolleginnen und Kollegen als engagierte Lehrer und den Stiftungen und anderen Institutionen als Förderer und Unterstützer dieser wichtigen Arbeit.

Nach dieser Begrüßung übernahmen Fiona und Jona das Mikrofon und führten in unterhaltsamer und lockerer Weise durch das Programm, das mit einem Gespräch auf der Bühne weiterging. Günter Drees, langjähriger Prenski-Lehrer und Klassenlehrer von Elisa und Katharina Weiß kam mit diesem beiden und Katharinas Vater Volker Schauer, der ein Vater aus der Elterninitiative zur Gründung der ersten integrierten Gesamtschule Lübeck war, ins Gespräch. Die vier hatten gemeinsam gegenseitige Fragen vorbereitet und haben so der Geschichte der Schule von der Gründung bis heute aus verschiedenen Perspektiven nachgespürt. Dabei sind einzelne Aspekte besonders in Erinnerung geblieben. So berichtete Volker Schauer anschaulich von dem schwierigen politischen Umfeld der Zeit mit den Anschlägen auf die Synagoge in Lübeck und dem durchaus sehr umstrittenen Projekt der Gesamtschulgründung. Katharina machte deutlich, dass es gerade in den ersten Jahren nach der Gründung nicht leicht war, sich gegenüber den Schüler:nnen der anderen Schulen, besonders der Gymnasien zu behaupten, da es zahlreiche Vorurteile und Urteile den Prenskis gegenüber gab. Warum sie es auch trotz einzelner kleiner Schwierigkeiten nicht bereut hat, ihre Töchter auf der Prenski angemeldet zu haben, konnte man direkt erleben: Elisa habe gerade im Projektunterricht gelernt, selbstbewusst und souverän Referate zu halten und selbst erarbeitete Inhalte zu präsentieren. Das hat die Elftklässlerin im Rahmen des Gesprächs mit Mutter, Großvater und dem ehemaligen Klassenlehrer souverän unter Beweis gestellt und von ihren Erfahrungen und Eindrücken berichtet. Von den Aussagen des Klassenlehrers blieb mindestens den meisten Kolleg:nnen die Aussage im Gedächtnis, dass er die jährlich stattfindenden Klassenfahrten eigentlich immer als Urlaub empfunden habe.

Abschließend nach der Utopie der Geschwister-Prenski-Schule der Zukunft gefragt, betonte Katharina, dass sie sich auch in Zukunft von allen Mitarbeitern der Schule den Mut wünsche, es wie die Gründungsgeneration der ersten Lehrer:nnen und Eltern zu machen und das pädagogische Handeln nicht nur von den ministeriellen und gesetzlichen Vorgaben abhängig zu machen, sondern mit Blick auf die Schüler:nnen und das demokratische Lernen gute und unabhängige Entscheidungen zu treffen.

Die anschließende Musik, ein ungarischer Tanz, wurde vom Bläser-Projekt des 5. Jahrgangs vorgetragen und hat gezeigt, wie ertragreich die musikalische Arbeit, und dabei besonders das vorangegangene gemeinsame Probenwochenende war. Die zahlreich anwesenden Eltern haben ihre kleinen Musiker:nnen bei einem ersten Auftritt unterstützt und sich mit allen Anwesenden am Ergebnis gefreut.

Die Yashek-Preis-Verleihung

Bei der Überreichung des Yashek-Preises waren beide Theatergruppen des 6. und 8. Jahrgangs auf der Bühne und wurden geehrt. Denn wie die Jury-Mitglieder, Jona, Fiona, Annette, Martin, Heidemarie und Christian betonten, haben beide Gruppen mit ihren Ergebnissen das Publikum tief beeindruckt. Es wurde bei der Entscheidung aber auch berücksichtigt, dass beide ganz unterschiedliche Voraussetzungen mitbrachten: Im Ästhetik-Kurs des 6. Jahrgangs stehen pro Woche zwei Stunden zur Verfügung und nach der Erarbeitung von Fachgrundlagen konnte die inhaltliche Arbeit erst im Dezember beginnen. Im Gestalten-Kurs des 8. Jahrgangs steht mit vier Wochenstunden doppelt so viel Zeit zur Verfügung. Und da die Grundlagen der Theaterarbeit bereits im 7. Schuljahr gelegt werden konnten, hatte hier die inhaltliche Vorbereitung des Stücks bereits direkt nach den Sommerferien begonnen. Daher wurden beide Gruppen mit jeweils der Hälfte des Preisgeldes, nämlich 250,–€ belohnt.

Die Ansage der Musik des Bläserprojektes des 6. Jahrgangs, „Comptine d’un autre été“, war aufgrund des französischen Titels durchaus herausfordernd, aber musikalisch wieder ein bisschen heiterer als die vorherige Musik.

Die Übergabe des Aufstellers zur „Ausgewiesen!“-Ausstellung

Bei der Übergabe des Lübeck-Aufstellers zur Ausstellung „Ausgewiesen! Berlin, 28.10.1938. Die Geschichte der Polenaktion“ erzählte Martin, wie es sich gefügt hatte, dass nach dem zufälligen Besuch der Wanderausstellung im jüdischen Museum in Rendsburg diese nach Lübeck mit der Post in die Schule gekommen war. Auch die Erarbeitung der Texte durch die Klasse 9b zusammen mit Maureen, die grundlegende Recherche der Informationen und Materialien durch Heidemarie Kugler-Weiemann und Förderung durch die Kinder- und Jugendjury der Sparkassenstiftung waren ein Teil des Berichts. Die Inhalte zu den Schicksalen der Familien Prenski und Strawczynski konnten und können sich dann im Anschluss alle Interessierten im Foyer der Schule, in der Stadtbibliothek oder in der Gedenkstätte Lutherkirche anschauen.

Zum Abschluss der ersten Programmhälfte spielten dann alle Musiker zusammen die Beethovensche „Ode an die Freude“, die als Europa-Hymne auch als freudiger Aufruf zur bevorstehenden Europawahl verstanden werden konnte.

Beim anschließenden Empfang im Foyer mit Laugengebäck und Getränken fanden sich die geladenen Gäste, Freunde der Schule, Ehemalige, Schüler:nnen und Kolleg:nnen zusammen und kamen dort ins Gespräch.

Den Schlusspunkt des Abends bildete die bereits zweite Vorführung des Films „Die Spurensucherin“, der das Lebenswerk von Heidemarie Kugler-Weiemann zeigt, das wesentlich von der Recherche zur Namensgebung der integrativen Gesamtschule Lübeck (iGeL) ausgeht und über Gründung der Initiative Stolpersteine noch bis ins Heute weist.